Witty’s Co-Gründerin Nadia Fischer sprach mit Richard Oppermann, verantwortlich für Brand Experience und Concept bei MetaDesign, eine Tochtergesellschaft von Publicis Media Group.
Richard Oppermann hat erst Medizin studiert und ist dann über Kommunikations-wissenschaften zur Medienarbeit gekommen.
Wenn auf einer Werbung ein 50-jähriger Mann, der von Männlichkeit spricht, abgebildet ist, spricht dies eine 25-jährige Frau nicht an. Und so ist es in allen Werbungen und Texten, die man publiziert. Jede Zielgruppe verlangt andere Worte, andere Strukturen, andere Inhalte.
Deshalb ist es ungemein wichtig, sich mit dem Unternehmen genau zu befassen und eingehende Gespräche zu führen. Was genau erwarten Sie von bestimmten Kampagnen? Welche Ziele möchten sie erreichen? So kann man dann die Texte und Bilder der Kampagne auf die Zielgruppen anpassen.
Unsere Sprache ist das zentrale Kommunikationsmittel. Ohne sie könnten wir keine Informationen übertragen, nicht unsere Gefühle ausdrücken, etc. Wir benutzen Sprache in erster Linie, um Dinge zu beschreiben. Was uns aber weniger bewusst ist, ist, dass wir Sprache als Definition gebrauchen. Das heisst, wir geben Sachen einen Namen - ein Wort -, um sie zu definieren. Und diese Definition zeigt direkt auf, wie wir über diese gewisse Sache denken. [Anmerkung der Bloggerin: Beispielsweise das Wort Weib, ein negativ konnotiertes Wort für Frau. Wenn jemand eine Frau mit Weib anspricht, ist es klar, wie diese Person über Frauen denkt.] Unsere Sprache schafft die Realität, in der wir leben und lässt andere Menschen unsere Realität sehen. Mit Worten schaffen wir also auch Identitäten, weil wir ja Menschen oder Dinge beschreiben. Und so gilt es auch, dass man durch Anwendung inklusiver Sprache die Realität inklusiver gestaltet und die verschiedensten Identitäten auch repräsentiert.
In Unternehmen, speziell grossen, gibt es eine hohe Vielfalt an Menschen. Oft erlaubt genau diese, dass man ein Projekt gewinnt oder erfolgreich fertigstellen kann, da verschiedene Perspektiven die Ideen und Ausführung bereichern. Um von der Vielfalt profitieren zu können, ist es wichtig, dass die Differenzen sichtbar gemacht werden. Dass bewusst verstanden wird, welches die verschiedenen Perspektiven sind. So kann man sie bewusst hinzuziehen. Natürlich ist die Sprache elementar in diesem Prozess, denn sie nutzt die Worte, wie man über Dinge spricht, was man zum Ausdruck bringen will und ob es überhaupt benennt wird.
Bei Publicis Zürich entstand während der Pandemie eine Diversity Gruppe, welche nun daran arbeitet, Publicis weltweit zu vernetzen. So zum Beispiel mit der Aktion Beyond Gender von Publicis Deutschland beispielsweise. Speziell in Unternehmen wie Publicis sind solche Austausche enorm wichtig.
Als Kommunikationsunternehmen befindet sich Publicis Media mitten im gesellschaftlichen Diskurs und Wandel. Eine Medienagenturist eine Brücke in die Öffentlichkeit für viele neue Kommunikationsmittel. Da die Produkte und Dienstleistungen, welche beworben werden, im ständigen Austausch mit der Öffentlichkeit sind, muss es auch Publicis sein. So müssen sie sich anpassen und immer weiterentwickeln, speziell auch in der Sprache, da Sprache eine der essentiellsten Komponente von Werbung ist.
Wenn man als Werbeunternehmen für ein anderes Unternehmen arbeitet, dann muss man erstmal abklären, was ist überhaupt die Unternehmenskultur? Und wo steht das Unternehmen in ihrem kulturellen Prozess? Aufgrund der Analyse kann entschieden werden, welche die adäquate Sprache für deren Werbung ist. Wenn es nun beispielsweise ein sehr modernes Unternehmen ist, macht es Sinn in Kampagnen einen Genderstern zu nutzen. Wenn es aber um ein Unternehmen geht, welches weniger fortgeschritten ist, so ist es passender, eine direkte Ansprache zu nutzen. Sonst würde die Werbung nicht mit dem Unternehmen übereinstimmen. Wichtig ist zudem, dass man solche Unternehmen in ihrem kulturellen Prozess begleitet. Wege hin zu einer inklusiven Sprache müssen aufgezeigt und argumentiert werden.
Ein Hinderungsgrund für inklusive Sprache liegt jedoch auch bei den Werbe-Schaffenden selbst: Viele sind nämlich Praktiker*innen, d.h. sie finden neue Sprache oder Schreibweisen mühsam, weil es neu ist und sie sich etwas Neues angewöhnen müssen, dass ihren Arbeitsprozess stört. Hier sollte man dann vor allem bei den Systemen anpacken, denn oft sind die Systeme, die fürs Schreiben genutzt werden veraltet und wirken nicht unterstützend bei der neuen Schreibweise.
Im deutschen Sprachraum steht zurzeit klar die Debatte des Genderns im Vordergrund. Wie machen wir das grammatikalisch? Was können wir brauchen, um alle zu benennen? In Amerika wiederum ist sehr oft die Frage, wie man People Of Color richtig beschreibt, zentral.
Hier ist es wichtig herauszufinden, was der Stand des Diskurses, des spezifischen Landes ist. Denn so kann man sich mit den spezifischen Märkten auseinandersetzen. So lassen sich gewisse Märkte vereinbaren oder zumindest ein Kompromiss finden, für ein Produkt, was auf mehreren Märkten angeboten wird.
In der Schule lernt man aktiv Rechtschreib- und Grammatikfehler zu erkennen. Aber nie wird einem aktiv die Bedeutung der Sprache beigebracht - was steckt hinter den Wörtern? Das passiert leider völlig passiv. Deshalb haben wir alle Sprachmuster der Erziehungsberechtigten und Lehrpersonen übernommen; Sprachmuster vergangener Generationen. Und in der Business-Kommunikation sind es oft Sprachmuster, die zu Zeiten der Industrialisierung festgesetzt wurden. Daher müssen wir aktiv und bewusst an einem Sprachwandel arbeiten. Der Wandel ergibt sich nicht von selbst, denn zu fest sind die Muster verankert. Um zunehmend inklusive Sprache zu gebrauchen, ist es wichtig kleine Schritte zu tätigen. Also beispielsweise mit Witty arbeiten, das mir im alltäglichen Schreiben nicht-inklusive Sprache aufzeigt und mich unterstützt eine moderner und inklusivere Sprache zu nutzen. Durch dieses repetitive Aufzeigen lerne ich besser als bei einem kurzen Referat über inklusive Sprache, wo ich es einmal höre und dann schnell wieder vergesse.
Sprache entwickelt sich von Tag zu Tag aufgrund unserer Realität, die sich auch stetig verändert. Wenn ein Unternehmen, vor allem ein Werbeunternehmen, bestimmte Zielgruppen ansprechen will, dann muss es seine Sprache dementsprechend anpassen. Mit unserer Sprache können wir unsere Realität mitgestalten. Es ist nicht leicht, die Sprache ständig anzupassen, aber mit Tools wie Witty gelingt es ganz einfach.