Nicht nur Süssigkeiten werden umbenannt, auch im Berufsalltag weichen rassistisch geprägte Begriffe unbefangenen Wörtern. In dieser wichtigen Diskussion und Entwicklung haben wir angeschaut, inwiefern in deutschen Stelleninseraten Rassismus und Diskriminierung auftaucht. Damit unser Textanalyse-Tool Witty auch auf diskriminierende Formulierungen hinweist, die über das Geschlecht hinaus gehen.
Freiwillig in der Schweiz, klare Gesetze im Ausland
In der Schweiz verbietet das Gleichstellungsgesetz, dass Arbeitnehmende weder direkt noch indirekt benachteiligt werden. Das Verbot gilt primär für die Anstellung. Neutrale Formulierungen in Jobinseraten sind grundsätzlich freiwillig. Daher ist es beispielsweise erlaubt, ohne nachvollziehbaren Grund und Relevanz für die Ausübung der Tätigkeit ein Idealalter zu nennen oder Schweizerdeutsch als Muttersprache vorauszusetzen.
Anders sieht die Situation in den USA und im EU-Raum aus, wo vielerorts gesetzliche Mindeststandards gelten. In Deutschland beispielsweise schützt seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch in Stellenanzeigen vor Diskriminierung. Daher müssen Unternehmen jede Stellenanzeige so neutral wie möglich gestalten.
Geschlecht und Alter am meisten betroffen
Wie dies deutschlandweit in der Praxis umgesetzt wird, zeigen regelmässige Studien. Die letzte Auswertung von 2017 analysierte 5’600 Stellenanzeigen im Hinblick auf Diskriminierung und kam zu folgenden Ergebnissen:
- Knapp 98 Prozent enthielten keine direkte Diskriminierung.
- Davon aber jede fünfte eine Formulierung oder ein Bild mit Diskriminierungsrisiko.
- 125 Stellenanzeigen (2,2 Prozent) enthielten eine deutliche Diskriminierung.
Aufgrund fehlender Gesetze in der Schweiz, gehen wir davon aus, dass hierzulande der Anteil deutlich höher sein dürfte als in Deutschland. Dass Gesetze wirken, zeigt der Vergleich mit der Vorstudie von 2012: Damals war der Anteil von Stellenanzeigen mit deutlicher Diskriminierung noch bei 12 Prozent. Zurück zu den Zahlen aus der aktuellsten Studie:
Klare Diskriminierungen in Stellenanzeigen tauchten in folgenden Bereichen auf:
- Geschlecht: 80 %
- Alter: 16,8 %
- Herkunft/Ethnie: 8 %
Beim Diskriminierungsrisiko in Stellenanzeigen sah die Verteilung etwas anders aus:
- Geschlecht: 55,2 %
- Alter: 49,3 %
- Herkunft/Ethnie: 13,2 %
- Religion: 2,3 %
Verstösse in Bezug auf «Behinderung» und «Sexuelle Identität» waren kaum bis gar nicht vorhanden. Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts passiert übrigens ähnlich oft in frauen- wie männerdominierten Berufsgruppen. Stelleninserate von gemischten Berufsgruppen enthalten seltener diskriminierende Inhalte.
Mehrheitlich passiert die Diskriminierung unbewusst und nicht beabsichtigt. Das zeigt der Anteil Jobinserate mit Diskriminierungsrisiko, der deutlich höher ist als jener mit klarer Diskriminierung.
Gerade weil Deutschland bei der Gleichbehandlung in Stelleninseraten bereits einen grossen Schritt weiter ist als die Schweiz, profitieren wir von diesen Erkenntnissen und weisen aktiv auf die häufigsten Stolperfallen hin:
Checkliste für diskriminierungsfreie Stellenanzeigen
Geschlecht
- Geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung und Qualifikation verwenden
- Inhalt des Inserates vollständig geschlechtsneutral formulieren und auf männlich oder weiblich konnotierte Begriffe verzichten (kostenlose Textanalyse mit dem Witty)
- Bild zeigt Personen unterschiedlichen Geschlechts
Alter
- Kein Mindest-, Maximal- oder Idealalter sowie keine Altersspanne
- Keine mit dem Alter assoziierten Begriffe (kostenlose Textanalyse mit dem Witty)
- Keine Jahresanzahl in Bezug die Berufserfahrung
- Bild zeigt Personen unterschiedlichen Alters
Herkunft/Ethnie
- Muttersprache ist keine Anforderung
- Gefordertes Sprachniveau ist der Funktion angemessen sowie nachvollziehbar für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit
- Bilder: Ethnische Vielfalt zeigt sich visuell nicht immer, daher war dies in der Studie kein Kriterium. Es empfiehlt sich dennoch, ethnisch diverse Menschen auf einem Bild zu zeigen, selbst wenn die Herkunft optisch nicht ersichtlich ist.
Solange in der Schweiz gesetzlichen Vorgaben fehlen, sind wir alle umso mehr gefordert, ganz bewusst und aufmerksam mit Formulierungen umzugehen. Dies gilt nicht nur für Personen im Recruiting, Employer Branding oder der Kommunikation. Schliesslich profitieren wir alle von mehr Chancengleichheit und Diversität. Als Einzelpersonen, Unternehmen und vor allem als Gesellschaft.
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