Inklusive Sprache

Inklusive Sprache für Menschen mit Behinderung. Wie geht das?

Barrierefreie, inklusive Unternehmen, haben einen Vorteil im Recruiting. Junge Menschen suchen Arbeitgeber*innen, die Werte wie Inklusion vertreten.

"Meine Vision ist, dass es meinen Job nicht mehr braucht, weil die Welt inklusiv ist. " - Robert Öllinger

 

MyAbility ist eine soziale Unternehmensberatung mit Schwerpunkt auf Inklusion und Barrierefreiheit. Witty Works und MyAbility erarbeiten zusammen das Vokabular im Disability-Bereich. Vor ein paar Tagen trafen wir Robert Öllinger, DisAbility Management Consultant für einen Witty Talk.

Auszüge aus dem Gespräch:

Welchen Wirtschaftsfaktor haben Behinderungen?

Unternehmen, welche barrierefrei sind, haben einen Vorteil, einen USP. Vor allem im Talentmanagement und Recruiting ist das wichtig, da sonst Menschen ausgeschlossen werden. Ca 15-18 % Menschen haben eine Behinderung. Menschen mit Behinderung haben eine grössere Arbeitslosenrate und gleichzeitig besteht ein Fachkräftemangel.

Wir kennen oft nur die Behinderten mit Blindenstock oder Rollstuhl. In Wirklichkeit ist das aber die kleinste Gruppe von ca. 0.5 % der Bevölkerung. Deshalb ist es schwierig für Unternehmen, zu erkennen, dass es ein Markt, ein Wirtschaftsfaktor ist.

Wichtigste Herausforderungen für Unternehmen

Das Bild "Menschen mit Behinderung" muss sich ändern: Oft wird ein Grad der Behinderung festgestellt, welcher aber überhaupt nicht praxistauglich ist. Robert wurde bspw. als 100 % eingestuft, was 100 % arbeitsunfähig bedeutet. Er ist jedoch alles andere als 100 % arbeitsunfähig. Medizinische Gutachten sind oft übertrieben. Behinderungsgrad hat nichts mit Leistungsfähigkeit zu tun.

Bedenken wie: “Wir werden einen Menschen mit Behinderung nicht mehr los", müssen beseitigt werden. Natürlich kann man einen solchen Menschen loswerden, wie jeden anderen Menschen auch. Es wird lediglich geprüft, ob die Behinderung ein Motiv für die Kündigung ist oder nicht.

"Die Kosten sind zu hoch." Auch das kann kein Argument sein, denn spezielle Arbeitsmittel werden aus verschiedenen Töpfen gefördert. 

Was wäre ein erster Schritt für Unternehmen um die Inklusion von Behinderten zu fördern?

Der erste Schritt ist eine Offenheit zu schaffen und Berührungsängste abbauen. Das Commitment sollte vom C-Level kommen. Wenn man sich die Wirtschaftsfaktoren vor Augen hält, dann ist es nicht schwer, das C-Level zu überzeugen. Mitarbeiter*innen sollen dazu motiviert werden, sich zu outen. Das Employer Branding spielt dabei eine wichtige Rolle. Ausserdem sollte das Diversity Management eng mit dem Disabilty Managment zusammenarbeiten.

Weshalb erhält Disabilty Management im Moment soviel Aufmerksamkeit?

Ein Faktor ist, dass die Community stärker wird. Die LGBTQ+ (lesbian, gay, bisexual, transgender, queer/questioning und weitere) Bewegung hat dazu schon viel Vorarbeit geleistet. Ausserdem ist man heute auch stolz auf seine Identität. Dazu kommt ein äusserer Druck: Barrierefreiheit ist eine neue Norm, die umgesetzt werden muss. Der European Accessibility Act sieht gar Strafen vor gegen Unternehmen, welche ihre Websites nicht barrierefrei gestaltet haben.

Viele Unternehmen machen heutzutage nur noch Verträge mit Unternehmen, welche nachhaltig sind und 75 % der Millenials suchen Arbeitgeber*innen, welche ihre Werte vertreten. Disability und Inklusion sind ein wichtiger Teil davon. Unternehmen, welche nicht divers und inklusiv sind, werden irgendwann das Nachsehen haben, weil sie die jungen Talente nicht mehr ansprechen können.

Das Bild, dass Menschen mit Behinderung sehr arm und liebenswürdig sind, dass man ihnen aber nichts zutrauen kann, muss zurechtgerückt werden. Behinderte sind genau gleich wie alle anderen. Es gibt fleissigere und weniger fleissige, geschickte und weniger geschickte, freundliche und weniger freundliche. Man kann mit ihnen positive wie auch negative Erlebnisse haben. "Wir sind alle weder arm und lieb, wir sind halt einfach so wie alle anderen Menschen. Es ist für uns wirklich auch angenehm, einfach angesprochen und gesehen zu werden.", sagt Robert Öllinger.

Spezielle Begriffe:

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Rollstuhl: Man ist nicht an den Rollstuhl gefesselt sondern der Rollstuhl ist das Hilfsmittel, welches die Mobilität fördert. 

Behinderung: Man darf "Behinderung" sagen. Es ist besser als "Mensch mit besonderen Bedürfnissen", denn haben wir nicht alle besondere Bedürfnisse? Die Frage ist eher, wann man sagt, dass jemand behindert ist. Das ist das Schwierige. Man sollte immer abwägen, ob es überhaupt notwendig ist, das zu erwähnen. 

Taubstumm: bitte nicht nutzen, es ist verpönt. Der Mensch ist taub aber nicht stumm, denn er hat die Gebärdensprache um sich auszudrücken. 

Behinderte sollten nicht als Opfer dargestellt werden. “Trotz der Behinderung bist du ein Held. Das wollen wir nicht hören. Wir möchten Anerkennung erhalten, dass wir etwas erreicht haben, aber nicht wegen der Behinderung.", erläutert Robert.

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Wenn Websites von Anfang an barrierefrei aufgebaut werden, ist es nicht teuer und auch nicht kompliziert. 

Warum benötigen wir barrierefreie Dokumente? Damit blinde Menschen sie auch lesen können. 

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Person first oder identity first?

Person first = "Person mit Behinderung"
"Identity first" = "behinderte Person"

Im den USA ist die Identität ist sehr wichtig. Dort hat sich die Ansprache von person first zu identity first verändert. In Europa ist die person first Variante sehr stark verbreitet. "Aber nur, wenn es denn notwendig ist, oft muss man das gar nicht erwähnen."

 

"Es war für mich die grössere Challenge, Vater zu sein, als eine Behinderung zu haben." - Robert Öllinger 

 

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Andrea Holle

Community Management at Witty Works | Founder & Director of Mobile Motion Film Festival | Online Communications Specialist | TEDx Speaker | YouTuber | Mobile Filmmaker

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